Blackout Fiktion Tag 2 – Stromausfall mit Folgen
Herr Bock wacht auf, als es an seiner Tür klopft. Er ist müde, friert in der kalten Wohnung und wünscht sich einen heißen Kaffee, aber der Stromausfall ist immer noch nicht behoben. Als er die Tür öffnet, versteht er zunächst nicht ganz was passiert ist, schnell wird ihm aber klar, dass es sich um einen Notfall handelt. Seine Nachbarin Frau Schneider, eine ältere Frau, ist völlig aufgelöst. Der Pflegedienst, der Ihren Mann, der seit einem Schlaganfall pflegebedürftig geworden ist, betreut ist seit mehr als 2 Stunden überfällig.
Nachbarschaftliche Hilfe
Schon gestern hatte sich der Pfleger sehr verspätet und dies mit dem Verkehr auf der Straße und damit begründet, dass er und seine Kollegen ja in keinem Haus mehr mit dem Aufzug fahren können. Da ihr Mann es nicht länger aushalten konnte hat Frau Schneider versucht ihm bei dem Weg ins Badezimmer zu helfen. Hierbei ist Herr Schneider gestürzt und hat sich den Kopf gestoßen. Frau Schneider kann Ihren Mann allein weder vom Boden aufheben noch zurück ins Bett bringen. Da sie weder mit dem Handy noch dem Festnetztelefon einen Rettungsdienst erreichen konnte wusste sich Frau Schneider nicht mehr anders zu helfen als bei Herrn Bock zu klingeln und um Hilfe zu bitten.
Bis vor diesem Stromausfall hat man sich zwar im Hausflur gegrüßt aber keinen weiteren Kontakt gepflegt. Trotz aller Sorge der Frau spürt Herr Bock, dass es seiner Nachbarin sehr unangenehm ist ihn zu bitten. Er wundert sich kurz aber sagt ihr Hilfe zu und folgt ihr in die Wohnung. In der Nachbarwohnung trifft Herrn Bock gleich nach dem Betreten ein furchtbarer Geruch. Herr Schneider ist im Badezimmer gestürzt und hat, als er auf den kalten Fließen gelegen hat, die Kontrolle über seine Körperfunktionen verloren. Er hat sich eingemacht und dies beim Versuch aufzustehen leider auch überallhin verteilt. Herr Bock, der bislang nie in einer solchen Situation gesteckt hat versucht sich zu überwinden. Seine Lebensgefährtin wüsste natürlich was zu tun ist aber da er Sie nicht erreichen kann ist er auf sich gestellt. Sehr vorsichtig und mit Hilfe der Nachbarin versucht er den Mann aufzurichten. Bei jeder Bewegung schreit der Mann auf und versucht sich aus dem Griff der beiden zu befreien. Mehrfach rutscht er Ihnen wieder auf den Boden bevor es unter Aufbietung aller Kräfte gelingt ihn in das Wohnzimmer zu verbringen.
Als Frau Schneider ihren Mann etwas säubern möchte stellen die beiden fest, dass aus dem Wasserhahn nur noch tropfenweise Wasser fließt. Der Wasserdruck reicht ohne die Pumpen im Keller des Mehrfamilienhauses nicht mehr aus, die oberen Etagen zu versorgen. Herr Bock bringt schnell einige feuchte Abschminktücher seiner Lebensgefährtin zu seiner Nachbarin und verspricht ihr mit dem Fahrrad ins Krankenhaus zu fahren um Hilfe zu holen.
Schlimme Zustände im Krankenhaus seit dem Stromausfall
Auf der Fahrt ins Krankenhaus kommt Herr Bock an vielen geschlossenen Geschäften vorbei. Auch an den Tankstellen sieht er lange Schlangen und hört im Vorbeifahren einen Streit zwischen dem Tankstellenverkäufer, einem Polizisten und einigen Autofahrern mit. Obwohl diese Tankstelle als eine der einzigen im Landkreis über ein Notstromaggregat verfügt, erhält längst nicht jeder Wartende auch Treibstoff. Nur wer nachweisen kann in einem systemrelevanten Beruf zu arbeiten darf gegen Barzahlung und heftigen Preisen eine Ration von zehn Litern Benzin oder Diesel tanken. Die Elektroladesäule ist wegen des Stromausfalls außer Betrieb. Die Regale des Tankstellenshops sind nahezu leer und der Ärger der Menschen liegt greifbar in der Luft. Schnell fährt Herr Bock weiter zum Krankenhaus. Auch hier herrscht eine sehr angespannte Atmosphäre.
Sämtliche Gänge stehen voll mit Betten, wartende Patienten füllen jede freie Stelle auf den Fluren. Handgeschriebene Schilder informieren über die Absage aller Untersuchungstermine und nicht lebensbedrohlichen Operationen. Als Herr Bock endlich am Schalter vorsprechen kann erfährt er, dass alle Einsatzfahrzeuge derzeit ohne Pause fahren und es in absehbarer Zeit keine Möglichkeit geben wird den Nachbarn zu transportieren. Herr Bock schilderte den Unfallhergang und muss erfahren, dass die Behandlung nur noch nach Dringlichkeitsstufen abgearbeitet werden kann und sein Nachbar bei der Einstufung nicht in die höchsten Kategorien fallen würde. Auf die Frage weshalb denn andere Krankenhäuser nicht aushelfen würden erfährt Herr Bock zum ersten Mal das Ausmaß der Katastrophe. Nicht nur seine Straße oder die Stadt sind vom Stromausfall betroffen. Ganz Deutschland, Österreich und weitere Länder Europas befinden sich in einem Ausnahmezustand namens Blackout. Keiner weiß zu diesem Zeitpunkt sicher was genau geschehen ist oder wie lange die Situation anhalten wird. Von einem Cyberangriff auf das Stromnetz als Ursache ist die Rede.
Langsam kommt die Angst
Herr Bock bekommt Angst. Zwar hatte auch er die immer öfter zu lesenden Warnungen vor einem flächendeckenden Stromausfall in den Medien vernommen, die Wahrscheinlichkeit aber für so gering gehalten, dass er sich nicht vorbereitet hat. Er fragt sich beim Personal des Krankenhauses bis zu seiner Lebensgefährtin durch, die ihn in ein leeres Treppenhaus mitnimmt. Auch in ihren Augen liest er Angst und völlige Hilflosigkeit. Bei der Essensausgabe für das Personal hat sie vom Tisch der Haustechniker einige Wortfetzen aufschnappen können. Sie sagten, dass der Treibstoff in den Notstromaggregaten wohl nur noch für einen weiteren Tag ausreichen würde und wenn kein Nachschub geliefert wird, demnach in 48 Stunden das Krankenhaus ebenso keinen Strom mehr zur Verfügung hätte. Das THW wurde zwar angefragt, da aber viele Generatoren als Katastrophenhilfe in die Ukraine geliefert wurden, konnte hier keine Hilfe bereitgestellt werden. Man müsse auf eine Lieferung aus Reserven der Bundeswehr warten und hoffen. Aber auch dann, so sagten die Techniker, ist es nur eine Frage der Zeit bis mit weiteren Ausfällen zu rechnen sei. Da über Jahre an der Wartung der Notstromanlage gespart wurde und kaum Ersatzteile vorgehalten werden, kann die Anlage jederzeit ausfallen. Eines der Aggregate ist bereits nach kurzem Betrieb ausgefallen, wohl weil der Treibstoff überlagert ist und die Filter verstopft hat. Mit diesen düsteren Aussichten verabschieden sich die beiden und verabreden sich für den Abend.
Wenn nichts mehr funktioniert
Herr Bock will auf dem Rückweg versuchen einige nützliche Dinge aufzutreiben. Noch immer sind die meisten Geschäfte geschlossen. Jedoch sieht er, dass vor einem Baumarkt die Leute Schlange stehen. Auch hier sieht Herr Bock überall handschriftliche Schilder, die um einerseits wegen des Stromausfalls um Verständnis bitten und andererseits auf maximale Abgabemengen und die ausschließliche Möglichkeit der Barzahlung hinweisen. Herr Bock ist nun an der Reihe und darf den Baumarkt betreten, allerdings sind alle Gegenstände die ihm hilfreich erscheinen bereits ausverkauft. Gaskocher, Wasserkanister und Desinfektionsmittel sind nicht mehr zu bekommen. Herr Bock kauft lediglich zwei Eimer.
Zu Hause angekommen schöpft er mit den Eimern Wasser aus einem kleinen Teich in der Grünanlage hinter dem Haus um dieses in die Wohnung zu bringen. Er informiert seine Nachbarin über die Aussagen im Krankenhaus und bemerkt hierbei, dass Herr Schneider eine riesige Schwellung am Kopf entwickelt hat. Er muss sich bei seinem Sturz den Kopf heftig angeschlagen haben. Herr Bock füllt seiner Nachbarin Das Waschbecken mit dem Wasser eines Eimers und verabschiedet sich mit dem Versprechen am Abend noch einmal nach den beiden zu sehen.
Herr Bock versucht die Wartezeit bis zum Eintreffen seiner Lebensgefährtin sinnvoll zu nutzen und sucht die Wohnung nach allem ab, was ihnen helfen könnte. Die Ausbeute ist leider sehr gering. Außer einigen angefangenen Packungen Nudeln und Reis und einem halben Toastbrot finden sich leider nur 3 Konservendosen und Süßigkeiten. Dem Inhalt von Kühlschrank und Gefriertruhe traut Herr Bock nicht mehr. Er will auch unbedingt vermeiden sich in der Situation den Magen zu verderben. Als er das erste Mal zum Sitzen kommt bemerkt Herr Bock, dass er mächtigen Hunger hat. Mangels Alternativen isst er ein paar Scheiben kalten Toasts und einige Stücke Schokolade, die den Hunger allerdings nur wenig mildern.
Der Gang zur Toilette verheißt auch nichts Gutes, das Wasser ist nun auch hier alle und reicht nicht mehr für die Spülung. Mit Wasser aus dem zweiten Eimer kann Herr Bock zumindest kurz Abhilfe schaffen. Der Abend und damit die Dunkelheit kommen schnell, Herr Bock schaut, wie versprochen aber kraftlos, bei seiner Nachbarin vorbei. Frau Schneider ist in größter Sorge, Ihr Mann ist verwirrt und teilnahmslos, sein Zustand verschlechtert sich immer mehr.
Hiobsbotschaft am Abend
Die Lebensgefährtin von Herrn Bock kommt erschöpft Zuhause an und eilt in die Nachbarwohnung. Als Krankenschwester hat sie gleich einen schlimmen Verdacht. Herr Schneider könnte unter einer Hirnblutung durch den Sturz leiden. Sie weiß allerdings auch, dass im Krankenhaus schon jetzt keine Kapazitäten mehr vorhanden sind. Die Rettungswagen und Besatzungen die seit nun fast 48 Stunden im Dauereinsatz sind, sind völlig überlastet. Zwar hat die Polizei einige hundert Liter Benzin in Kanistern bringen können, aber an der einzig notstromfähigen Tankstelle werden inzwischen nur noch Blaulichtfahrzeuge versorgt. Dennoch ist absehbar, dass kaum noch Rettungsfahrten möglich sind.
Selbst wenn Sie Herrn Schneider in das Krankenhaus verlegt bekommen, stehen die Chancen mehr als schlecht. Zum einen wurden die energieintensiven Diagnoseverfahren wie MRT und CT eingestellt. Zum anderen werden Operationen von einem Ethikrat auf den Behandlungserfolg hin bewertet. Sie fasst sich ein Herz und bereitet Frau Schneider auf das Schlimmste vor: „Ihr Mann wird höchstwahrscheinlich sterben und es gibt nichts was sie in dieser Situation tun können.“ Am Boden zerstört gehen Herr Bock und seine Lebensgefährtin in Ihre Wohnung nebenan. Die Nachbarin wollte vorerst allein bei Ihrem Mann bleiben. In der Wohnung angekommen berichtet Herr Bock von der mageren Ausbeute seiner Bestandsaufnahme. Zum Glück hat seine Lebensgefährtin ein paar belegte Brote und zwei Flaschen Wasser aus dem Krankenhaus mitgebracht, so dass Sie wenigstens nicht hungrig, aber dennoch voller Sorgen ins Bett gehen. Wie lange dauert dieser Stromausfall wohl noch an?