Blackout Fiktion Tag 5 – Chaos ohne Feuerwehr
Mitten in der Nacht werden unser Paar und Ihr unfreiwilliger Gast wach. Wieder hört man Geschrei vor der Wohnung des vorbereiteten Nachbarn im Erdgeschoss. Waren es am Vortag nur eine Handvoll Plünderer steht nun eine Gruppe von fast 20 Mann vor dem Haus und offenbar haben sie sich fest vorgenommen diesmal alles mitzunehmen was ihnen wertvoll erscheint, denn Herr Bock sieht Schubkarren und Handwagen die von der Gruppe mitgebracht wurden. Lange dauert die einseitige Ansprache nicht und wieder fliegen Steine und zertrümmern die Fenster der Wohnung. Plötzlich gibt es einen Schrei und einer der Männer geht zu Boden. Offenbar hat der Mann tatsächlich auf die Plünderer geschossen. Doch statt wie erwartet zu flüchten, versetzte die versuchte Gegenwehr die Gruppe in regelrechte Raserei.
Die Plünderer kommen
Gleichzeitig klettern vier oder fünf der Männer auf den Balkon und spritzen aus Plastikflaschen eine brennbare Flüssigkeit in alle Ritzen der von den Bewohnern eilig errichteten Barrikaden aus Möbelstücken. Herr Bock und Frau Müller müssen tatenlos mit ansehen wie ein Flammenball aus den Fenstern der Wohnung schlägt und laute Schreie nach außen dringen. Dichter, schwarzer Qualm von den Möbeln und Gardinen dringt nach oben und brennt unserem Paar in Augen und Lungen. Niemand traut sich zu schreien, sie sind wie gelähmt. Schlagartig wird Ihnen bewusst, dass keine Feuerwehr kommen wird und wenn sich das Feuer ausbreiten sollte, sind sie hier oben gefangen. Sie ziehen sich nur schnell eine Jacke über und eilen aus dem Haus. Ihre Nachbarin will trotz allem Flehen und Bitten die Wohnung nicht verlassen und so müssen die beiden allein fliehen. Sie verlassen das Haus auf der Hinterseite, um den Plünderern nicht in die Hände zu fallen.
Das Feuerchaos
Ohne Ziel und Kraft irren Sie durch die kalte Nacht und können nicht glauben was sie gerade mit eigenen Augen haben sehen müssen. Obwohl sie nun schon einige Straßen weit weg von Zuhause sind wird der Brandgeruch nicht schwächer und eine Feuerwehr ist nicht in Sicht. Als sie auf eine größere Straße kommen, wird auch klar weshalb: überall in der Stadt steigen Rauchsäulen auf. Frau Müller hat im Krankenhaus zwar schon am zweiten Tag viele Patienten behandeln müssen, die sich beim ungewohnten kochen auf Kerzen, Grills und Lagerfeuern verbrannt und verbrüht haben, aber das hier muss andere Gründe haben. Beiden wird klar, dass offenbar alle Hemmungen der Menschen zu fallen scheinen. Ohne Strafverfolgung auf der einen und im Angesicht von Hunger und Not auf der anderen Seite eskaliert die Lage. Ihnen wird eine furchtbare Wahrheit bewusst: Selbst wenn in dieser Minute der Strom zurückkehren würde, wäre das Leben für immer ein anderes und es würde Wochen und Monate dauern, um die Schäden zu beseitigen. Beide wissen zu diesem Zeitpunkt nicht einmal, ob sie bei Ende der Krise noch einen Arbeitgeber haben. Mit Hilfe vom Staat ist nicht zu rechnen. Frau Müller weiß von Menschen, die aktuell nicht einmal offiziell existieren, da sie geboren wurden in einer Zeit, in welcher kein Amt die Geburt bestätigen konnte. Auf den Straßen herrscht völliges Chaos. Gruppen von Plünderern ziehen durch die Stadt, grölend und brandstiftend. Mit einem zynischen Grinsen bemerkt Herr Bock eine Gruppe junger Männer die aus einem Elektronikgeschäft riesige Fernsehgeräte und Taschen voller Handys schleppen. Zumindest diese Gruppe schien aus Optimisten zu bestehen, die auf ein baldiges Ende der Krise setzen. Er muss unwillkürlich lachen. Doch schon wenige Schritte weiter bleibt ihm das Lachen im Hals stecken. Vor einem der Geschäfte liegt eine tote Frau. Sie ist blutüberströmt und halbnackt, es ist sofort klar welchem Verbrechen sie zum Opfer gefallen sein muss. Frau Müller, die aus dem Krankenhaus Opfer von Gewalttaten behandelt hat, kommt schneller zu Bewusstsein, als Herr Bock der fassungslos ist. Sie fleht ihn an sich bis zum Tagesanbruch zu verstecken. Sie kriechen in ein leeres Lagerhaus und kauern sich in eine Ecke. In dem alten Gebäude ist es kalt und feucht. Die beiden frieren furchtbar und haben Angst. Von der Straße dringen immer wieder Geräusche zu ihnen, die ihnen einen Schauer einjagen. Herr Bock könnte seine Partnerin nicht einmal beschützen, denn er hat nichts zur Selbstverteidigung am Mann.
Zurück in der Ruine
Als es hell und still wird verlassen die beiden das Lagerhaus und machen sich auf den Heimweg. Keiner weiß was sie dort vorfinden werden. Am Haus angelangt atmen Sie kurz auf. Zwar ist die Wohnung des Preppers komplett ausgebrannt und auch die Wohnungen daneben und darüber scheinen betroffen zu sein aber das Feuer ist offenbar ausgegangen oder von Nachbarn gelöscht worden, die Feuerwehr war es jedenfalls nicht. Durch die geborstene Balkonverkleidung können sie kurz in die Wohnung sehen, bereuen es aber gleich wieder. Die verkohlten Leichen der beiden Nachbarn liegen am Boden und sind grotesk verdreht. Dessen ungeachtet laufen Menschen durch die Ruine und suchen in den Trümmern nach Verwertbarem. Herr Bock und Frau Mueller gehen hoch in Ihre Wohnung und rufen nach der Nachbarin. Niemand antwortet. Eine ungute Vorahnung wird schnell zur Gewissheit, als sie einen Zettel finden. Frau Schneider, die Nachbarin teilt Ihnen darin mit keine Hoffnung mehr zu haben und dass Sie nun zu Ihrem Mann gehen würde. Kurz hoffen Sie noch das Schlimmste verhindern zu können, doch als sie die Wohnung nebenan betreten und Frau Schneider neben Ihrem aufgedeckten Mann und den leeren Medikamentenschachteln liegen sehen, wissen sie, dass jede Mühe vergeblich ist. Auf dem Weg nach draußen schaut Herr Bock kurz in die Schränke der beiden alten Leute, kann aber außer einer halben Flasche Öl und einem Paket Zucker nichts finden. Keiner der beiden hat Kraft zu trauern und so legen sie sich müde und schmutzig ins Bett und schlafen erschöpft ein.