BRICS, Blockbildung & Bruchlinien – Wie sich die Welt gegen den Westen neu sortiert
Die Welt rückt nicht näher zusammen. Sie reißt auseinander.
Was einst als globales Miteinander gedacht war – internationale Ordnung, multilaterale Abkommen, wirtschaftliche Verflechtung – zerfällt gerade in geopolitische Blöcke. Nicht heimlich. Nicht zufällig. Sondern strategisch, offen und unumkehrbar.
Angeführt von den BRICS-Staaten entsteht ein Gegengewicht zum Westen, das nicht nur größer, sondern zunehmend selbstbewusster wird. Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – einst als wirtschaftliche Hoffnungsmärkte etikettiert – haben sich in etwas verwandelt, das vielen im Westen Angst macht: in eine multipolare Allianz, die den Westen weder bewundert noch braucht. Und schon gar nicht akzeptiert.
Der Westen im Rückspiegel
Die westlichen Staaten verlieren an Einfluss – nicht, weil ihre Gegner stärker sind, sondern weil sie selbst schwächer geworden sind.
Die USA, einst unangefochtener Hegemon, sind innerlich gespalten und außenpolitisch überdehnt. Europa zerreibt sich zwischen Bürokratie, Wohlstandsverwahrlosung und Identitätskrisen.
Währenddessen stellen sich andere die Frage: Wozu brauchen wir eigentlich noch den Westen?
Diese Frage ist gefährlich. Denn sie signalisiert einen Bruch. Einen mentalen und strategischen.
Lange galt der Westen als Leitkultur – heute ist er für viele ein mahnendes Beispiel, wie man Wohlstand verschleudert, Souveränität aufgibt und moralische Prinzipien zur Waffe gegen sich selbst macht.
BRICS als Gegensystem
Was die BRICS-Allianz verbindet, ist kein einheitliches Werteverständnis, sondern ein gemeinsames Ziel: die Abkopplung vom Westen.
Dazu gehört nicht nur der Wunsch nach einer eigenständigen Währung – sondern auch der Aufbau alternativer Handelsrouten, Sicherheitsbündnisse, Infrastrukturprojekte und Mediennetzwerke.
Es geht nicht mehr um Kooperation – es geht um Konkurrenz.
Nicht um Integration – sondern um Separation.
China baut mit der Neuen Seidenstraße eine geopolitische Blutbahn durch Asien, Afrika und Europa. Russland sucht neue Absatzmärkte und Einflussräume. Indien wird zum Balanceakt zwischen strategischer Neutralität und aufstrebender Führungsmacht. Der globale Süden beobachtet, prüft, entscheidet – und stellt fest: Der Westen ist nicht alternativlos.
Neue Bruchlinien
Die Welt spaltet sich nicht entlang Ideologien, sondern entlang Interessen.
Staaten ordnen sich neu. Nicht mehr nach politischen Systemen, sondern nach strategischem Nutzen. Wer liefert Energie? Wer bietet Investitionen ohne Auflagen? Wer mischt sich nicht ein?
So entstehen neue Bruchlinien, die nicht mehr Ost gegen West bedeuten – sondern Regelwerk gegen Eigeninteresse. Der Westen verliert in dieser neuen Weltordnung vor allem deshalb an Bedeutung, weil er auf universelle Prinzipien besteht, während der Rest der Welt längst in Transaktionen denkt.
Was zählt, ist Macht. Kontrolle. Unabhängigkeit.
Was früher Demokratie und Menschenrechte waren, sind heute Infrastruktur, Versorgungssicherheit und digitale Souveränität.
Der schleichende Kontrollverlust
Der Westen kontrolliert nicht mehr die Richtung, sondern nur noch das Narrativ.
Er erklärt, was sein sollte – andere entscheiden, was ist.
Das bedeutet nicht, dass der Westen untergeht. Aber er verliert die Fähigkeit zur Gestaltung.
Und damit das, was ihn einst auszeichnete: Initiative.
Diese Blockbildung ist keine Momentaufnahme. Sie ist Teil eines neuen Zyklus. Einem globalen Reset, der nicht am Verhandlungstisch stattfindet, sondern durch Taten, Projekte, Investitionen – und Abgrenzung.
Die Welt sortiert sich neu.
Und während der Westen noch diskutiert, wer Schuld an der Spaltung trägt, schaffen andere längst neue Realitäten.
Autor: André Schmitt (Ex-KSK, Profiler und Mediator)