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Die Wiederkehr der Blockbildung – West gegen Ost: 2025 reloaded

Von André Schmitt – ehemaliger KSK-Soldat, heute Profiler und Mediator

Es war nie vorbei. Die Spaltung der Welt in Machtblöcke, Interessenlager und ideologische Gegensätze hat nie wirklich geendet. Sie wurde nur verdrängt, überdeckt von wirtschaftlichem Aufschwung, Globalisierungsversprechen und der Illusion einer „regelbasierten Weltordnung“. Doch unter der Oberfläche brodelte es weiter – und nun, im Jahr 2025, kehrt sie mit voller Wucht zurück: Die Blockbildung ist wieder da. Nur diesmal ist sie anders – und gefährlicher.

Der Westen, angeführt von den USA und flankiert von NATO, EU und G7, steht einem wachsenden Machtblock gegenüber, der sich nicht mehr im Schatten versteckt. Die BRICS-Staaten – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – haben sich längst zu einer globalen Gegenmacht formiert, und mit BRICS+ und der eng verzahnten Shanghai Cooperation Organisation (SCO) wächst ein Netzwerk heran, das zunehmend offensiv agiert. Neue Mitglieder drängen hinein, Staaten wie Saudi-Arabien, Iran, Ägypten, Äthiopien oder die Vereinigten Arabischen Emirate stoßen hinzu – und damit nicht nur wirtschaftliches Potenzial, sondern geopolitisches Gewicht. Ein Gegenschlag formiert sich, deutlich spürbar, strategisch klug orchestriert – und von vielen im Westen noch immer unterschätzt.

Denn während sich diese Allianzen formieren, hat sich der Westen in den letzten Jahrzehnten zurückgelehnt. Selbstgerecht, überheblich, gesättigt vom eigenen Erfolg, hat man es sich bequem gemacht – politisch wie gesellschaftlich. Statt Partnerschaften zu pflegen, hat man sie ausgebeutet. Statt Augenhöhe anzubieten, hat man Bedingungen diktiert. Staaten, die einst als Verbündete galten, wurden wirtschaftlich abhängig gemacht, militärisch instrumentalisiert oder diplomatisch belehrt. Die Rechnung dafür präsentiert sich jetzt in aller Deutlichkeit: Ehemalige Partner wenden sich ab, neue Allianzen entstehen, der Westen verliert an Einfluss – während andere aufholen.

In den Nachrichtendiensten dieser Welt ist das längst bekannt. Analysten, verdeckte Beobachter und geopolitische Planer sehen die Entwicklung mit klarem Blick: Die Welt ordnet sich neu – und der Westen droht den Moment zu verpassen. Doch diese Informationen finden nur selten den Weg in die breite Öffentlichkeit. In Deutschland, aber auch in anderen Teilen Europas, verschlafen viele Bürger diese Entwicklung entweder vollständig oder werden gezielt desinformiert. Die Nachrichtenlage bleibt diffus, das große Bild wird kaum vermittelt. Stattdessen wird beschwichtigt, beschönigt und abgelenkt – sei es aus Angst vor Panik oder aus Sorge, dass sich der Zorn der Bevölkerung gegen jene richtet, die politisch längst den Kompass verloren haben.

Denn was würde passieren, wenn man den Menschen offen sagen würde, dass der Einfluss des Westens schwindet, dass sich Handelsrouten verschieben, dass Rohstoffe bald nur noch über neue Machtzentren fließen, und dass unsere Werteordnung außerhalb Europas längst keine Mehrheitsmeinung mehr ist? Was, wenn man offenlegen müsste, dass sich ein Drittel der Welt gegen die westliche Vorherrschaft aufstellt – mit wachsender Entschlossenheit?

Diese neue Blockbildung ist nicht nur wirtschaftlich oder militärisch. Sie ist kulturell, ideologisch und zutiefst strategisch. Die westliche Überlegenheit der letzten Jahrzehnte war nicht allein das Ergebnis überlegener Technik oder demokratischer Strukturen – sie war auch das Ergebnis globaler Ungleichgewichte, von denen man profitierte. Doch die Zeit dieser Einseitigkeit läuft ab. China investiert weltweit, Russland setzt auf neue Märkte, Indien agiert zunehmend selbstbewusst, und Länder wie der Iran oder Ägypten nutzen das entstehende Machtvakuum, um ihren Einflussbereich auszudehnen. Was hier entsteht, ist kein loser Verbund – es ist eine ernstzunehmende Gegenweltordnung.

Als ehemaliger Soldat weiß ich: Wenn sich Fronten verschieben, verändert sich alles. Politische Allianzen, wirtschaftliche Stabilität, Sicherheit im Inneren. Und als Profiler sehe ich, wie sehr das kollektive Bewusstsein in Deutschland dieser Realität hinterherhinkt. Der Normalbürger lebt in einer Informationsblase, geprägt von kurzen Schlagzeilen, emotionaler Aufladung und gezielter Ablenkung. Was fehlt, ist Kontext. Was fehlt, ist der strategische Blick. Und was fehlt, ist die ehrliche Frage: Was bedeutet das alles für mich – hier, heute, jetzt?

Die Antwort ist unbequem: Wir stehen an einem Wendepunkt. Die globale Ordnung ist im Umbruch, und niemand garantiert, dass der Westen diesen Wandel unbeschadet übersteht. Wer weiterhin in der Komfortzone lebt, wird überrascht werden. Wer sich vorbereitet, geistig wie materiell, wer die Muster erkennt und sich unabhängig macht von Systemen, die ins Wanken geraten, der wird auch in einer neuen Welt seinen Platz finden.

Blockbildung bedeutet nicht zwingend Krieg. Aber sie bedeutet Konfrontation, Verlagerung von Macht, und die Notwendigkeit, strategisch zu handeln. Der Schatten der Geschichte liegt wieder auf der Welt – und diesmal wird sich zeigen, wer wirklich bereit ist.

— André Schmitt

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