Greyman im urbanen Alltag – Teil 6: Körpersprache, Blickkontakt & Mikro-Scanning – Wer scannt dich gerade?
von André Schmitt (Ex-KSK, Profiler & Mediator)
Nicht du allein beobachtest – du wirst auch beobachtet.
Immer.
Jeder Mensch scannt sein Umfeld, ständig, unbewusst. Die Frage ist nur: Wer scannt gezielt – und warum?
Der Greyman im urbanen Raum lebt nicht in Paranoia. Aber er lebt in Wachsamkeit. Und er weiß, dass Körpersprache mehr verrät als Worte. Vor allem in der Frühphase einer Bedrohung.
Der Jägerblick – und wie du ihn erkennst
Wer einen Raum betritt und dominant scannt, unterscheidet sich von der Masse.
Er sucht nicht – er überprüft. Seine Augen springen von Gesicht zu Gesicht, von Körperhaltung zu Körperhaltung. Er hält nicht aus, nicht zu wissen, wer sich im Raum befindet.
Achte auf: – Serien-Blickkontakt: Wenn jemand mehrere Menschen innerhalb weniger Sekunden fixiert.
– Verzögerter Blickabbruch: Er schaut zu dir – und hält den Blick ein, zwei Sekunden zu lang.
– Neutraler Ausdruck ohne Kontext: Kein Lächeln, keine Mimik, keine Zugehörigkeit. Nur Kontrolle.
– Kopfbewegung unabhängig vom Blick: Augen beobachten, aber der Kopf bleibt ruhig – typisch für trainierte Personen.
Wer so schaut, plant. Oder kontrolliert. Oder sucht.
Körpersprache: Die unterschätzte Waffe
Körpersprache ist das Interface zwischen Innen und Außen.
Ein Greyman erkennt:
– Angespannte Kiefer = unterdrückte Emotion, meist Wut
– Fäuste oder Finger in Bewegung = Energieaufbau
– Stand mit leicht gebeugten Knien = sprungbereit
– Verdeckte Hände = Unsicherheit oder Verbergen eines Gegenstands
– Asymmetrische Haltung = „Stützbein“ vs. „Angriffsbein“
Viele dieser Signale sieht man nicht auf den ersten Blick – aber man spürt sie, wenn man den Raum mit offener Wahrnehmung betritt.
Du als Ziel – subtil, aber spürbar
Manchmal beobachtest du jemanden – und merkst plötzlich: Er beobachtet dich zurück. Bewusst.
Dann hast du die wichtigste Schwelle überschritten:
Du bist sichtbar geworden.
Jetzt geht es nicht darum, Dominanz zu zeigen. Sondern Unauffälligkeit wiederherzustellen.
Der Greyman reagiert nicht mit Konfrontation, sondern mit Verflüchtigung: Er dreht sich weg, wechselt den Standort, lässt den Augenkontakt abbrechen, ohne Eile, ohne Hektik – aber mit Plan.
Im Grey Man-Buch sprechen wir genau davon: Wie du erkennst, wenn du Ziel einer Überprüfung wirst – und wie du dich sofort wieder irrelevant machst.
Dein Auftrag für heute
– Betrachte heute einen urbanen Raum als Spielplatz der Blicke.
– Wer schaut dich an – wie, wie lange, mit welcher Mimik?
– Wo richten sich Blicke synchron hin – z. B. bei einer laut sprechenden Person?
– Und wann fühlst du dich plötzlich „zu sichtbar“?
Trainiere deinen Blick für den Blick – und du erkennst, wer gerade dich liest.