Pressefreiheit im Sinkflug – Wie die Medien zur Regierungslautsprecher wurden
Autor: André Schmitt (Ex-KSK, Profiler und Mediator)
Die vierte Gewalt – so nennt man den Journalismus in einer funktionierenden Demokratie. Die Medien sollen kontrollieren, aufdecken, hinterfragen. Sie sollen Missstände benennen, Mächtigen auf die Finger schauen und die Öffentlichkeit informieren – nicht erziehen. Doch dieser Auftrag, einst mit Stolz und Pathos getragen, wird heute immer häufiger verraten.
Wer heute Nachrichten konsumiert, merkt schnell: Vielfalt weicht Gleichklang. Die Schlagzeilen ähneln sich, die Narrative wirken abgestimmt, Kritik an Regierung oder Institutionen bleibt oberflächlich oder fällt ganz aus. Statt investigativem Journalismus erleben wir Meinungsmache im Gleichschritt – meist unter dem Deckmantel moralischer Überlegenheit.
Ein zentrales Problem: die Nähe zur Macht. Viele Leitmedien sind wirtschaftlich abhängig – von Staatsgeldern, Werbekunden mit politischem Einfluss oder direkten Beteiligungen. Öffentlich-rechtliche Anstalten, einst Bollwerke der Unabhängigkeit, werden zunehmend zu Plattformen für Regierungs-PR. Man spricht nicht mehr für das Volk, sondern über das Volk – in einem Ton, der belehrt statt informiert.
Ein Beispiel: Während der Pandemie wurde jede kritische Stimme zur Corona-Politik pauschal als gefährlich, verschwörerisch oder extremistisch dargestellt. Es ging nicht mehr um den Diskurs, sondern um Kontrolle der Deutungshoheit. Auch bei Themen wie Migration, Energiepolitik oder geopolitischen Spannungen zeigt sich dieser Trend. Wer abweicht, wird nicht argumentativ widerlegt, sondern diskreditiert.
Die Konsequenz ist fatal. Medien verlieren ihre Glaubwürdigkeit. Leser und Zuschauer wenden sich ab, flüchten in alternative Quellen – teils seriös, teils fragwürdig. Der Vertrauensverlust öffnet Tür und Tor für Desinformation, Polarisierung und Radikalisierung. Und die Medien? Geben dem Publikum die Schuld.
Dabei liegt die Verantwortung nicht beim Zuschauer, sondern bei der Branche selbst. Journalismus muss unbequem sein dürfen. Er muss Mehrdeutigkeit aushalten, statt alles moralisch einzuordnen. Er muss zurück zu seinen Wurzeln: dem ehrlichen Versuch, Wahrheit zu finden – nicht Meinung zu machen.
Die vierte Gewalt fällt nicht in einem großen Knall. Sie zerbröselt leise – durch Selbstzensur, Abhängigkeiten und ideologische Scheuklappen. Und mit ihr verliert die Demokratie ein zentrales Korrektiv.
Die Frage ist nicht, ob wir Medien haben. Sondern, ob wir ihnen noch trauen können.