Schattenkrieg an Venezuelas Küste – Wenn Drogenfunde nur Täuschung sind
Wenn ich an die Küsten des venezolanischen Bundesstaates Falcón denke, sehe ich nicht nur endlose Strände und karibische Sonne. Ich sehe den perfekten Nährboden für eine korrupte Parallelwelt, die sich Tarnnetze aus Uniformen und Inszenierungen gebaut hat. Ich war oft dort – nicht als Tourist, sondern weil mich diese Orte beruflich immer wieder eingeholt haben.
Was ich nun höre, überrascht mich nicht, aber es sollte jeden aufhorchen lassen: Angeblich erfolgreiche Drogenfunde in dieser Region sind oft nichts weiter als ein abgekartetes Spiel – geplant, abgesegnet und aufgeführt von denen, die eigentlich für Recht und Ordnung sorgen sollen.
Die Illusion der Sicherheit
Laut gut informierten Quellen werden Drogen, die bereits früher sichergestellt wurden, gezielt erneut „gefunden“ – an Stränden vergraben oder im Meer treibend, bereit für die nächste große Pressekonferenz. Der Zweck? Den Anschein von Kontrolle und Schlagkraft im Anti-Drogen-Kampf zu erwecken.
Doch hinter diesen medienwirksamen Einsätzen steckt kein Fortschritt – sondern ein Zynismus, der mich sprachlos macht. Keine Festnahmen, kaum echte Ermittlungen, und stets dieselben Mengen: 30, 40, 50 Kilogramm – vorzugsweise Marihuana. Es ist billig, leicht zu beschaffen und gut für die Kameras.
Ich habe lange genug in solchen Regionen gearbeitet, um zu wissen: Wer Drogen wirklich bekämpft, macht sich selten beliebt – und schon gar nicht bei denen, die von der Unsichtbarkeit des wahren Handels profitieren.
Militär, Macht und Mittäterschaft
In Venezuela spielen Sicherheitskräfte und organisierte Kriminalität ein doppeltes Spiel. Besonders in militärisch kontrollierten Zonen wie ZODI oder REDI, die zentrale Bausteine im Machterhalt des Regimes sind, wird Loyalität in Gold aufgewogen – oder in Drogen.
Ein Offizier vertraute Reportern an, dass die „zufälligen Funde“ vor allem dann zunehmen, wenn es Führungswechsel in diesen Regionen gibt. Ein neuer Kommandant will Ergebnisse zeigen – und bekommt sie, auf Bestellung.
Ich habe erlebt, wie schnell sich Werte verschieben, wenn der Staat selbst zur Schattenorganisation wird.
Schmuggler als Teil des Spiels
Besonders perfide: Auch die Drogenhändler selbst sind Teil dieser Kulisse. Sie „spenden“ kleinere Mengen – meist Marihuana –, um im Gegenzug größere Ladungen ungestört durchschleusen zu können. Eine Art Schutzgeld in Naturalien.
Was nach Erfolgsmeldung aussieht, ist in Wahrheit ein Tauschgeschäft: Publicity für die Regierung, freie Bahn für die Kartelle.
Ich habe früher geglaubt, dass Drogenhandel ein Krieg ist – heute sehe ich, dass es manchmal eher ein Geschäft mit eingeplanten Kollateralschäden ist. Nur dass die Öffentlichkeit die wahren Verluste kaum je zu Gesicht bekommt.
Die Folgen reichen bis zu uns
Wer jetzt denkt: „Das ist weit weg, betrifft uns nicht“ – der hat nicht verstanden, wie globale Schattenmärkte funktionieren. Was in Falcón vorbereitet wird, endet nicht selten in europäischen Großstädten. In Nachtclubs, auf Schulhöfen, in toxischen Abhängigkeiten.
Und das Schlimmste: Diese kriminellen Netzwerke sind nicht nur Produkt von Armut oder Gier. Sie sind Ergebnis staatlicher Komplizenschaft – und das macht sie so gefährlich.
Ich sage das nicht aus Sensationslust, sondern aus Verantwortung. Als jemand, der gelernt hat, zwischen echten Bedrohungen und inszenierten Nebelkerzen zu unterscheiden.
Fazit:
Die Küsten Venezuelas sind längst keine Kampfzone mehr zwischen Gut und Böse – sie sind Bühne und Hinterzimmer zugleich. Wer hier gewinnt, entscheidet sich nicht auf dem Meer, sondern in Kommandobunkern, Amtszimmern – und manchmal in schweigenden Absprachen am Funkgerät.
Und solange wir das nicht klar benennen, tragen wir unsere eigene Mitschuld.
André Schmitt, Ex-Kommando Spezialkräfte, Sicherheitsberater und Krisenvorbereitungs-Experte